Augenrollen, Fußwippen und schweres Atmen sind erste Symptome für vom Boarding genervte Fluggäste. Dabei gibt es deutlich schnellere Methoden die Sitzreihen zu befüllen, als es die meisten Airlines praktizieren. Wie das Speed Boarding funktionieren kann, hat Joseph Stromberg herausgefunden.
Erst wartet man am Gate, dann im Flieger; dabei soll Fliegen doch die schnellste Art der Fortbewegung sein. Aber selbst das sogenannte Priority Boarding was Airlines wie Ryanair oder Air Berlin anbieten, wird zur Farce, wenn man am Ende wegen der Drängelei im Gang noch etliche Minuten Geduld bis zum eigentlichen Abflug aufbringen muss. Da wird noch Gepäck verstaut, nochmal aufgestanden oder jemand durchgelassen. Ärgerlich ist das nicht nur für alle Passagiere, sondern auch für die Airline, denn jede Minute am Boden kostet Zeit und Geld.
Das übliche Boarding „Back-to-Front“
Gängig ist bei den meisten Fluggesellschaften die Methode, das Flugzeug gruppenweise von hinten nach vorne zu befüllen. Beim Boarding von Air Berlin ist dazu beispielsweise ein Buchstabe als Gruppenmerkmal auf dem Ticket vermerkt. Das bedeutet, Passagiere mit einem Sitzplatz in den hinteren Reihen dürfen eher einsteigen, als Passagiere der Gruppe A ganz vorne. Joseph Stromberg, der alle Möglichkeiten des Boardings unter die Lupe genommen hat, kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass diese weit verbreitete Methode ausgerechnet die langsamste ist! In einem Testlauf mit 173 Personen verstrichen knapp 25 Minuten, bis das Boarding abgeschlossen war. Die Standardmethode „Back-to-Front“ spart somit weder Zeit, noch kommt sie den Fluggästen entgegen. Grund für den hohen Zeitaufwand ist, dass sich die Passagiere gegenseitig behindern. Sobald jemand zum Fensterplatz möchte, muss aufgestanden werden und der Gang ist blockiert. Außerdem kommt es an den Gepäckfächern zu Staus, wie folgendes Video veranschaulicht:
Quelle: menkes76/YouTube
Das willkürliche Boarding „Random“
Die Back-to-Front-Methode ist anscheinend durch den Ordnungszwang motiviert und beruht auf der Annahme, ein organisiertes Boarding verlaufe zügiger, als per Zufall. Tatsächlich aber ist sogar die Zufallsmethode schneller als das Boarding per Back-to-Front. Das Prinzip dabei ist denkbar einfach: Sieht man vor sich jemanden am Gepäckfach hantieren, setzt man sich lieber auf den nahen freien Sitz, als ewig zu warten. Entsteht auf dem Gang also eine Schlange, löst sie sich sogleich wieder auf. Passagiere müssen nicht zeitgleich die selben Reihen und Gepäckablagen nutzen. Den täglichen Beweis dafür, dass dies funktioniert, liefert die US-amerikanische Billigfluggesellschaft Southwest Airlines aus Dallas. Bei dieser Fluggesellschaft gibt es keine Sitzplatzreservierungen. Stattdessen wählen die Passagiere von Southwest ihren Platz im Flieger selbst. So lässt sich das Boarding bei 173 Personen um 10 auf 15 Minuten verkürzen. Nachteil der Methode ist, dass bei einigen Passagieren Stress ausbricht, sich unbedingt den besten Platz sichern zu müssen. Das schmälert die Kundenzufriedenheit.
Quelle: menkes76/YouTube
Das clevere Boarding „Outside-in“
Kombiniert man das übliche mit dem willkürlichen Boarding, nähert man sich einer dritten Methode des Einstiegs ins Flugzeug an. Das „Outside-in“ beschreibt einen Boardingprozess, bei dem als erstes Passagiere mit Fensterplatz einsteigen, anschließend Fluggäste mit Mittelsitz und schließlich die Reisenden mit Sitz am Gang. Statt von hinten nach vorne, wird also von außen nach innen besetzt und die gesamte Länge des Flugzeugs genutzt. Seit letztem Jahr ist diese Praxis bei der US-Linienfluggesellschaft United Airlines üblich. Lediglich Familien steigen noch geschlossen in den Flieger. Vorteil des Boardings „Outside-in“ ist, dass niemand aufstehen muss, um einen anderen in die Sitzreihe zu lassen. Staus im Gang werden dadurch vermieden und auch die Gepäckfächer sind gleichermaßen beansprucht.
Quelle: menkes76/YouTube
Das schnellste Boarding „à la Steffen“
Die Methode „Outside-in“ erweist sich bislang als schnellstes Boarding, welches man unter den Fluggesellschaften finden kann. Allerdings soll an dieser Stelle noch auf eine weitere Methode eingegangen werden, die auf den Physiker Jason Hyrum Steffen zurückgeht. Praktiziert wird sie bei keiner der bekannten Airlines, obwohl sie als der allerbeste Weg gilt, Passagiere zügig in ein Flugzeug steigen zu lassen. Ähnlich wie bei „Outside-in“ beruht die Methode „Steffen“ darauf, dass zunächst Fensterplätze, dann Mittelsitz und Gangplatz belegt werden. Der Unterschied besteht hingegen darin, dass immer nur eine Seite des Flugzeugs dran ist. Nach der linken Fensterreihe kommt die Fensterreihe rechts, dann Mittelsitze links, dann Mittelsitze rechts und so weiter. Dadurch beanspruchen nie mehrere Passagiere den selben Raum im Gang. Man drängt sich nicht zeitgleich am selben Platz. Im Experiment mit 72 Personen bewies Jason Hyrum Steffen, dass diese Methode mit 3,6 Minuten Boarding die beste ist. Der Standard Back-to-Front benötigte hingegen 6,2; Random 4,7 und das Boarding Outside-in 4,2 Minuten. Statistisch ist die Steffen-Methode also die beste Art und Weise, das Boarding durchzuführen. Passagiere müssen sich kaum noch in Geduld üben und die Ticketpreise sinken auch noch, weil das Flugzeug weniger Zeit am Boden verbringen muss.
Quelle: menkes76/YouTube